Bedürfnisorientierte Eingewöhnung bei der Tagesmutter
Erfahrung einer Mama Teil 2: Theorie und Tipps

Was man als Mama beachten sollte.
Die findest Du weiter unten nach der Theorie 🙂
In meinem Beitrag Eingewöhnung bei der Tagesmutter Teil 1: Gefühlswelt habe ich Euch bereits in meinen Kopf oder viel mehr in mein Herz mitgenommen, als ich mein sieben Monate altes Baby bei der Tagesmutter eingewöhnt habe. Dabei habe ich Euch sprichwörtlich mein Herz ausgeschüttet. Es tat gut, alles raus zu lassen und mal über die angestrebte bedürfnisorientierte Eingewöhnung bei der Tagesmutter zu sprechen bzw. zu schreiben und durch die lieben Reaktionen von Euch, dass es Euch genauso erging, hat es mich richtig bestärkt.
Aber nun möchte ich Euch (werdenden) Mamis und Papis Tipps für den Kopf an die Hand geben, was Ihr bei der bedürfnisorientierten Eingewöhnung beachten solltet oder könntet. Vor allem fasse ich Euch die wissenschaftlichen Erkenntisse der Bindungstheorie zusammen, über die ich bei meiner Recherche zur bindungsorientierten Eingewöhnung bei der Tagesmutter gestoßen bin. Bei mir ist regelrecht der Groschen gefallen, als ich das alles gelesen habe. Und ich muss gestehen, dass ich vielleicht im Nachhinein zu leichtfertig als Schwangere und aber auch als junge Mama mit dem Thema umgegangen bin. Ich war so froh überhaupt einen Platz „ergattert“ zu haben, dass ich mir gar nicht bewusst war über die Bedeutung der Entscheidung.
Letztlich ist alles gut gegangen, auch wenn da zugegeben auch eine Portion Glück dabei war. Wenn man es positiv formulieren möchte, war bereits da ohne mein bewussstes Wissen die Intuition am Spiel. Nun weiß ich es besser und das möchte ich mit Dir teilen:
Alles steht und fällt mit der Bindung.
Qualität vor Quantität
Bei der Entwicklung eines Babys ist Bindung so ungefähr das Wichtigste, was man ihm oder ihr geben kann. Bindung ist ein Grundbedürfnis wie Hunger und Durst. Dabei entsteht dieses magische Band nicht durch die Verwandschaft, sondern das Verhalten der Bezugsperson. Das ist natürlich meistens die Mama, aber manchmal auch jemand anderes. Je feinfühliger man die Signale des Kindes wahrnimmt und dann richtig darauf reagiert, desto besser soll sich die Bindung entwickeln, so heißt es. Also im Zweifelsfall ist es nicht nur wichtig, wie viel Zeit man mit dem Baby verbringt, sondern vor allem auch wie gut man dann auf das Baby eingeht. Das ist für die meisten Papas jetzt eine sehr wichtige Information gewesen. Aber auch, wenn man sein Baby in die Betreuung bringt und Sorge hat, dass man ja jetzt weniger Zeit mit dem Baby verbringen kann. Sofern man dann die gemeinsame Zeit nach der Betreuung gut unt intensiv verbringt, schadet es der Bindung nicht. Da war ich erleichtert.
Die kindliche Bindung ist nichts Exklusives.
Das heißt, ein Baby kann mehrere Bezugspersonen haben. Wer dem Baby am meisten Sicherheit gibt, kann es am schnellsten trösten. Meistens also die Mama. Hat sich das Baby zum Beispiel weh getan und die Mama ist aber nicht da, greift das Baby auf die zweit- oder drittbeste Bindungsperson, wie Papa, Oma oder Tante, zurück. Und daher ist es auch soooo wichtig, dass eine sichere Bindung zwischen der Tagesmutter und dem Baby besteht, bevor man sein Baby dort allein lässt. Gleichzeitig ist es auch genau das Kriterium, an dem man sehen kann, ob eine Bindung besteht. Einfach aber eben wichtig.
Und das ist doch etwas Schönes. Das Baby lernt, dass es vielen Menschen vertrauen kann. Es lernt, dass viele Menschen es lieb haben. Das stärkt sein Selbstwertgefühl auch schon in diesem zarten Alter.
Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn die Eingewöhnung bei der Tagesmutter falsch läuft?
Mein Grundbedürfnis als Mama ist es, dass es meinem Baby gut geht und sie glücklich ist.
Als ich zu den möglichen Folgen einer schlechten Eingewöhnung gegoogelt habe, bin ich ehrlich gesagt aus den Latschen gekippt. Ich war milde ausgedrückt etwas panisch. Man kann nämlich echt was kaputt machen. Eine sichere Bindung ist sozusagen das Fundament für eine gesunde körperliche und emotionale Entwicklung. Wenn Babys und Kinder sich beispielsweise allein gelassen fühlen, stehen sie unter enormen Stress. Das Schlimme ist, dass man es nicht unbedingt direkt sieht, weil die Babys und Kinder nicht immer pausenlos weinen. Dennoch nimmt es sie stark mit.
Beispiele für Folgen von Stress durch eine schlechte Eingewöhnung:
- im Schulalter Lerndefizite und Schwierigkeiten, sich in Gruppen sozial zu verhalten
- im Kindergartenalter haben sie Bauchweh oder Kopfschmerz,
- Babys reagieren mit Protest, Verzweiflung und sogar Entfremdung von der Bindungsperson
Und das Schlimmste daran ist
Schmerzhafte Trennungserlebnisse können von Kindern unter 3 Jahren kognitiv noch nicht verstanden werden und haben einen bleibenden Einfluss auf ihre Gefühlswelt bis in das Erwachsenenalter hinein.
Sie können nicht frei, frech und wild die Welt entdecken, wie sie es eigentlich müssten, um sich weiter zu entwickeln. Autsch.
Von Babys und Bindungstypen – Bindungstheorie kompakt
Wenn Weinen ein gutes Zeichen ist.
Vorsicht 🙂 So jetzt drifte ich etwas in die Theorie ein. Das Internet lässt einen zu jedem erdenklichen Thema gefühlt ein Fernstudium absolvieren… Ich fasse mal meine Recherche in einen kurzen Absatz, den ich recht interessant, erschreckend und dann letzlich doch beruhigend fand. Komische Kombi – ich weiß. Es gibt sicher-gebunden Babys und bindungs-vermeidende Babys. Das kommt darauf an, wie gut die Bindung zwischen Mama und Baby schon aufgebaut ist, wenn man mit Tagesmutter oder Kita startet.
Stellt euch die Situation vor, wenn ihr das erste Mal bei der Tagesmutter seid. Die Babys die eine sichere Bindung haben, werden anfangs auf Mamas Schoss spielen, dann auf dem Boden direkt daneben. Irgendwann spielen sie mit der Tagesmutter und Mama sitzt nur in Sichtweite. Sobald Mama aber nicht mehr in Sichtweite ist, weint das Baby. Das ist dann völlig Okay und sogar richtig. Ein sehr gutes Zeichen sogar. Denn dann stimmt alles mit der Bindung zur Mama. Das Baby muss erst durch die Eingewöhnung eine Bindung zur Tagesmutter aufbauen, damit diese das Baby trösten kann, wenn Mama geht.
Coole Babys sind nicht wirklich so cool.
Wenn das Baby sich aber nichts anmerken lässt und völlig cool bleibt, wenn Mama geht, dann hat es eventuell eine unsichere Bindung. Das bedeutet nicht, dass man sich dann freuen kann, weil das Baby die Eingewöhnung so gut wegsteckt. Das Baby leidet dann genauso darunter, aber es „frißt es eher hinein“. Daher brauchen diese Babys auch eine sanfte Eingewöhnung.
Erbfolgen und Beziehungsfallen
Das Bindungsverhalten wird übrigens von Generation zu Generation weitergegeben. Bei Frauen ist das etwa zu 75% und bei Männern etwa zu 65% so. Und das Bindungsverhalten ist nicht auf das Baby gemünzt, sondern auf die jeweilige Beziehung. So kann das gleiche Baby mit der Mama bindungs-sicher, mit dem Papa bindungs-vermeidend und mit der Oma bindungsambivalent sein. Sie gehen eben alle unterschiedlich mit dem Baby um.
Wenn Mamas nicht loslassen können
Ach, und einen Sonderfall bei den Mamas gibt es noch. Zu denen würde ich mich in der Tendenz auch zählen… Ambivalent gebundene Mütter stehen vor der Tür und können sich kaum trennen. Auf der einen Seite animieren sie ihr Baby mit der Tagesmutter zu spielen, auf der anderen Seite machen sie ihr Angst, indem sie ständig Doppelbotschaften senden. So eine Mama sagt: „Mama kommt gleich wieder; du brauchst keine Angst haben, dass Mama dich vergisst“, braucht Ewigkeiten um sich zu verabschieden oder steht selbst kurz vor dem Weinen. Das Kind bekommt dann erst recht Angst und möchte mit. Eine der möglichen Ursachen dafür könnte beispielsweise sein, dass sie das selbst als Kind so erlebt haben. In dem Fall müssen die Mamas getröstet werden, damit sie mit den Doppelbotschaften aufhören. Nachdem ich das gelesen hatte, habe ich mich richtig ertappt gefühlt. Vielleicht Du auch? Und kaum war ich mir dessen bewusst, habe ich direkt aufgehört und war mit mir mehr im Reinen.
Woran erk
enne ich, dass mein Kind gut eingewöhnt ist?
Kriterien für eine gute bedürfnisorientierte Eingewöhnung bei der Tagesmutter
Es gab eine Wiener Krippenstudie, die einige Kennzeichen herausgearbeitet hat. Man kann an folgenden Kennzeichen (ich habe sie mal weniger wissenschaftlich beschrieben) erkennen, ob ein Kind gut eingewöhnt ist, wenn das Kind von seiner/ ihrer Bezugsperson – also meist Mama- getrennt wird.
Das Kind ist gut eingewühnt, wenn es …
- …nur noch mit geringen negativen Gefühlen zu kämpfen hat.
- …die Situationen bei der Tagesmutter als angenehm/ spannend erlebt.
- …sich dort den Menschen und Spielsachen mit Interesse zuzuwendet.
- …in der Gruppensituation mit der Tagesmutter und anderen Kindern zusammen spielt.
20 praktische Tipps zur bedürfnisorientierten Eingewöhnung bei der Tagesmutter
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In den ersten sechs Monaten ist ein Betreuungswechsel für ein Baby sehr verwirrend – wenn möglich also erst danach mit außer-Haus Betreuung starten.
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Je jünger das Kind ist, desto weniger Stunden sollte es in die Betreuung.
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Besser an mehreren Tagen wenige Stunden als viele Stunden an weniger Tagen.
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Erhöhungen im Stundenausmaß sollten nur sehr langsam und schrittweise erfolgen.
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20 Stunden und mehr gelten als generelles Entwicklungsrisiko für Kinder unter 3 Jahren (NICHD Study of Early Child Care and Youth Development – SECCYD).
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Die Stundenanzahl muss an das Kind angepasst werden, je nachdem wie es die Betreuung verkraftet.
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Immer einer „sanfte Eingewöhnung“ machen.
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Für die Eingewöhnung sollte man sich mindestens vier Wochen, besser sechs Wochen einplanen, falls es doch nicht auf Anhieb klappt. Häufig reichen aber zwei Wochen, aber das weiß man vorher nicht.
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Wenn durch Krankheit oder Urlaub lange Fehlzeiten entstehen, sollte man wieder mit einer Eingewöhnung starten. Allerdings geht diese dann viel flotter.
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Am besten die Eingewöhnung nicht parallel zu anderen großen Veränderungen beginnen, wie Umzug, die Geburt des Geschwisterkindes oder deren Einschulung oder Ähnliches.
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Die Tagesmutter sollte auch Zeit für die Eingewöhnung haben. Daher sollte am besten immer nur ein neues Kind zur Gruppe dazu kommen.
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Die Eingewöhnung sollte starten, wenn das Kind gesund ist. Auch kleine Erkältungen sind zu viel.
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Der Morgen sollte nicht abgehetzt sein. Sonst ist das Kind und man selbst innerlich unruhig. Lieber 5 Minuten früher aufstehen und noch etwa zusammen spielen oder kuscheln.
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Nach erfolgreicher Eingewöhnung sollte man mindestens 15 Minuten für den Übergang einplanen, damit sich das Kind entspannt auf die neue Situation akklimatisieren kann. Um so leichter wird der Abschied sein.
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Bei Babys und Kleinkindern sollte man sich besser ohne große Vorankündigung und eher beiläufig mit kurzem Winken verabschieden, während das Kind spielt.
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Bekannte Spielsachen, Schnuller und Schmusetiere mitnehmen und da lassen.
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Zum Schlafen bei der Tagesmutter ein getragenes Pyjamashirt der Mama über das Laken ziehen.
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Falls es dem Kind mit der Eingewöhnung bei der Mama sehr schwer fällt, klappt es vielleicht mit dem Papa oder der Oma einfacher.
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IMMER verabschieden. Sonst gibt es einen Vertrauensbruch und das Kind vermutet, dass Du sonst jederzeit „abhauen“ könntest.
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Als Mama sollte man auch voll zu dieser Entscheidung stehen. Das Kind merkt die Zweifel und es verunsichert es.
Und noch drei extra Tipps für Dich als Mama:
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Wenn man als Mama spürt, dass es dem Kind nicht gut geht und dass es länger für die Eingewöhnung braucht, dann soll man dem folgen. Egal was alle anderen sagen und denken. Man kennt sein Kind besser als die.
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Du bist keine schlechtere Mama, nur weil Dein Kind „fremdbetreut“ wird. Trag das in dein Herz.
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Beim Abschied wird Dein Baby manchmal etwas weinen. Das ist okay. Immerhin hätte es Dich gern dabei. Das tut aber weh. Mein Tipp: Du kannst noch etwas an der Tür warten, bis Du hörst, dass Dein Kind von der Tagesmutter beruhigt wird. Dann ist alles okay. Die Bindung zur Tagesmutter ist da und dem Kind geht es gut. Dann fällt es Dir leichter zu gehen und die Selbstzweifel und Schuldgefühle kommen nicht so schnell hoch.
harte Eingewöhnung – bitte lieber so nicht
von Ammenmärchen übers Verwöhnen
Immer wieder hört man -gern von einer älteren Generation- man sollte sein Kind nicht verwöhnen oder gar sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Gerade auch bei der Eingewöhnung. Kurz und „schmerzlos“ soll es sein. Beispielsweise soll man nicht zurück kommen, wenn das Kind weint. Es würde nur „lernen“, dass es mit seinem Weinen seinen Willen durchsetzen kann und es dann immer wieder so machen. In einem gewissen Grad kann ich diese Stimmen verstehen und ihnen sogar recht geben.
Aber was lernt das Kind dabei denn? Es lernt, dass wenn es sich allein fühlt, Angst hat und weint, Mama wiederkommt und immer da ist. Ich finde, dass das etwas ist, was sich zu lernen lohnt. Wenn es das verstanden hat, hat es dann auch weniger Angst und der Abschied klappt besser.
Mamas von heute UND von gestern wollen nur das Beste für ihre Kinder.
Ich möchte an dieser Stelle die ältere Generation in Schutz nehmen. Zu damaliger Zeit war das deren Wissensstand. So wurde es ihnen gesagt und beigebracht. Sie wollten selbst auch nur die besten Eltern sein, die sie zu dem Zeitpunt sein wollten und haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Sie haben das nicht gemacht, weil ihnen das Weinen gefallen hat. Das Kinderweinen tat und tut ihnen selbst im Herzen weh. Die Gefühle einer Mutter waren früher nicht anders als heute. Man will als Mutter alles richtig machen. Nur war früher “ das Richtige“ etwas anderes als heute.
Früher war beispielsweise Asbest auch ein tolles Baumaterial. Bis sich der Wissensstand verändert hat. Jetzt weiß man, dass das „Weinen lassen“ für ein Kind ein Trennungstrauma ist. Kleinen Kindern setzt es besonders zu, weil sie uns noch nicht sagen können, was sie fühlen und wollen.
Wenn „robuste“ Kinder abstumpfen.
Es ist zuweilen so schlimm für sie, dass sie diese negativen Gefühle nicht aushalten können. Aus Selbstschutz spielt das menschliche Gehirn dann ein Programm ab, das die Kinder „abstumpfen“ lässt. Das Kind hört dann auf zu Weinen, da es so ja auch keinen Erfolg hat. Mama kommt ja sowieso nicht wieder. Nach Außen sichtbar denken dann alle: „Super. Das Kind ist zäh und widerstandsfähig.“ Kleine Kinder sollen so unglaublich „robust“ sein. (Und beispielsweise auch überall schlafen können, wenn sie müde sind. Aber das ist ein anderes Thema… dazu schreibe ich auch bald.) Nach innen kann es dauerhaft mit Beziehungsstörungen, Konzentrationsschwäche oder Lernschwierigkeiten darunter leiden. Das Gegenteil ist also der Fall.
Je kleiner die Kinder und je weniger sie ihre Wünsche und Gefühle zum Ausdruck bringen können, desto feinfühliger und sanfter müssen wir sein. Denn Fehler aus dieser Zeit graben sich besonders tief in die Gefühlswelt ein.
Zwei Sonderfälle zur Eingewöhnung bei der Tagesmutter
Auch wenn Du die sanfteste Eingewöhnung schaffst und die Tagesmutter die liebste und kompetenteste Frau auf Erden ist, kann es sein, dass Dein Kind eine außer-Haus Betreuung nicht schafft. Dann hast Du, Dein Kind und die Tagesmutter nichts falsch gemacht. Solche Kinder gibt es. Dann muss man später starten. Gegebenenfalls kannst Du Dir dann Rat von einem Kinderpsychologen holen, der Euch dabei unterstützt.
Und leider, leider, leider gibt es auch Kinder, wo eine außer-Haus-Betreuung besser ist, da sie zu Hause nicht die Liebe und Fürsorge erhalten, die ihnen gut tut und sie verdienen. Diese Kinder möchte ich an dieser Stelle einfach in den Arm nehmen.
Mein Fazit zu Theorie und Tipps
Es ist nicht einfach. Man muss bei der Eingewöhnung bei der Tagesmutter auf viel achten, denn man kann ordentlich was kaputt machen. Es muss eine sanfte Eingewöhnung sein. Die Betreuung darf nicht zu lang gehen. Vor allem muss die Qualität der Tagesmutter gut sein. Und die gemeinsame Zeit danach muss schön sein. Aber wenn man es „richtig“ macht, haben alle etwas davon. Mama und Baby. Das Baby lernt Vertrauen aufzubauen zu mehreren Bezugspersonen. Das stärkt sein Selbstwertgefühl. Es lernt von der Tagesmutter andere neue spannende Dinge als zu Hause. Mit den Tageskindern kann es soziales Verhalten üben. Und Mama kann unbesorgt arbeiten gehen aus den Gründen, die sie dazu bewegen.
Und wie das nun bei uns abgelaufen ist und mir für mein Herz geholfen hat, erfährst Du bald im 3. Teil meines Erfahrungsberichtes.
Wenn Du Einblick in meien Gefühlswelt zur Eingewöhnung haben willst, findest Du das im 1. Teil meines Erafhrungsberichtes.
Und hier ein paar Links, die ich für das Thema hilfreich fand:
Interview mit dem Kinderpsychologie Experten Dr. Karl-Heinz Brisch
über Bindungsverhalten von einer österreichischen Kinderpsychologin
Entwicklung der Bindungsbeziehung von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Empfehlungen zur Eingewöhnung der Stadt Bochum
über Eingewöhnung vom Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung
interesssanter Beitrag dazu vom Verein Rabeneltern.org e.V.
Hallo,
generell finde ich als Erzieherin deinen Beitrag sehr gut. Trotzdem habe ich zwei Anmerkungen, die mir auf der Seele brennen. Ich bin Erzieherin und im westlichen Münsterland aufgewachsen. Ich habe den Ausbau der Tagespflege angefangen mit der sogenannten U3 Betreuung bis hin zu Tagesmüttern miterlebt. Jetzt lebe und arbeite ich seit knapp 3 Jahren in Berlin in einer Nestgruppe. Das heisst die ältesten Kinder sind mittlerweile 3 Jahre alt geworden und dem Krippenalter somit entwachsen. Die Kinder hier gehen in der Regel eher 35-50 Stunden in die Kitas, was bei uns in der Heimat undenkbar wäre, da ist mit 45 Stunden ja Schluss. Hier gibt es quasi Stundenveträge pro Tag, das heisst es werden 4-5, 5-7, 7-9 oder über 9 Stunden pro Tag betreut.
Dass das zu lang ist, ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch Meinung vieler Kolleginnen. Warum entscheide ich mich für ein Kind, wenn ich es in der Woche über 45 Stunden fremdbetreuen lasse? Ich muss dazu sagen, dass es in unserer Kita nicht der Fall ist, dass die Eltern es sich finanziell anders nicht leisten können. Das ist meiner Meinung nach ein schnell gesagter Satz, um die eigenen Ansprüche im Leben nicht überdenken zu müssen. Was ist mir denn wichtig? Zeit mit meinem Kind zu verbringen, seine Entwicklung zu begleiten? Oder ist mir der 2. Urlaub im Jahr doch wichtiger und dann habe ich ja auch noch Ansprüche an mich selbst (Frieseur, Kosmetikerin, Nageltante, Wimpernstyling….und was es nicht heute alles gibt).
Ich persönlich will kein Sklave der Wirtschaft sein und ich liebe meinen Beruf. Trotzdem kann ich mir bei aller Liebe und geschätzen Erzieher/innen Kollegen nicht vorstellen, unsere Kinder unter 3 Jahren in eine Betreuung zu geben. Diese Zeit kommt nie wieder. Ich weiss, das kann man über jedes Alter sagen. Aber die Kinder werden selbstständiger, möchten ihre eigene Umgebung auch allein erkunden, ohne ständig jemandem im Schlepptau zu haben.
Der gravierende Nachteil der Ganztagsbetreuung ist: das unsere Kinder daran gewöhnt werden permanent von Erwachsenen unterhalten und animiert zu werden. In der Kita geschieht das meist noch aus Unwissenheit, weil die pädagogische Arbeit sich noch zu häufig an den Rahmenbedingungen von vor 20-30 Jahren orientiert. Damals wurden die Kinder über relativ kurze Zeiträume fremdbetreut und auch erst am 3-4 Jahren. Im Kindergarten wurde mit den Kindern gebastelt und zuhause konnten sie dann draußen toben. Ein perfekter Ausgleich.
Heute ist Kindheit straff durchorganisiert von früh morgens bis spät abends. In der Kita wird nach wie vor gebastelt, aber auch für einen kurzen Bewegungsausgleich gesorgt.
Wenn die Kinder dann abgeholt werden, beginnt die eigentliche „quality time“. Denn Eltern möchten das Beste für ihr Kind und das Beste bedeutet natürlich auch eine gute und enge Bindung. Da werden Geschwisterkurse mit 1-2 jährigen besucht, um auf den Nachwuchs vorzubereiten, statt selbst mit sem Kind darüber zu sprechen.
Und das ist nur ein absurdes Beispiel von Vielen! Quality time bedeutet nicht, dem Kind ständig Angebote machen oder es animieren zu müssen! Kinder brauchen Zeit für sich allein. Natürlich keine Stunden, aber viele Eltern vergessen, dass ein Kitatag für die Kinder genauso ein Arbeitstag ist und sie erschöpft sind, genau wie man selbst auch! Und auch wenn Kinder aufgedreht sind und so scheinen, als könnten sie nich Bäume ausreissen, brauchen sie an dieser Stelle die Unterstützzung von uns Eltern, um runterzufahren, zu entschleunigen, zu entspannen. Leider ist das vielen Eltern zu Langweilig bzw sie denken, dass sie ihrem Kind etwas agutes tun, wenn sie nach der Kita noch große Unternehmungen anstreben, gar einen Zoobesuch oder sich um 17:00 noch mit Freunden zum Spielen verabreden.
Quality time kann so einfach sein. Gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsam Rituale, das gibt dem Kind Sicherheit und stärkt die Bindung. All das, was unsere Eltern früher mit uns auch gemacht haben, in diesem Sinne : weg mit den Ratgebern! Eltern, hört auf euer Bauchgefühl und erinnert euch an eure eigene Kindheit! Zeit ist das, was zählt!
Liebe Andrea,
Danke für Deine tollen ehrlichen Worte und dass Du Dir die Zeit genommen hast, sie mit mir und anderen zu Teilen.
Ich kann Dich total verstehen und sehe das sehr ähnlich! Und daher war mir Tipp Nummer 5 auch sehr wichtig. 20 Stunden als Maximalempfehlung für U3 ist gefühlt wenig und ich war nach meiner Recherche im ersten Moment total überrascht. Immerhin ist das eher selten.
Zu deinem ersten Argument, ob man sich das leisten kann. Ich glaube auch, dass etwas runterfahren an Ansprüchen also Zeit gegen Geld zu tauschen Sinn macht. Aber ich will Eltern auch teilweise in Schutz nehmen, wenn auch nicht komplett. Immerhin ist es heutzutage selten finanziell möglich, das nur eine Person (Mama oder Papa) über einen längeren Zeitraum arbeiten geht. Klar kann man in einer kleinen Mietwohnung wohnen, wo sich die Kinder ein Zimmer teilen. Das habe ich früher auch so gemacht. Leider gilt das gesellschaftlich mittlerweile schon fast als asozial gerade wenn die Kinder älter werden. Leider. Und so werden Familien und vor allem Kinder abgestempelt. Auch der Wahn nach immer größeren, dolleren und vor allem teureren Kindergeburtstagen, an denen sogar Feuerwerkshows und Co angeheuert werden, spielt da mit in die Karten. Eltern werden durch das immer intensivere Mobbing an den Schulen dazu gedrängt mehr Geld für ihre Kinder in die Hand zu nehmen als es früher war. Und wenn sie das nicht tun, müssen sie schon sehr selbstbewusst sein oder sich ordenltich was einfallen lassen. Klar kann man auch mit wenig Geld schöne Alternativen schaffen und das habe ich auf meinem Blog auch vor. Dennoch ist der Druck aus meiner Sicht gestiegen. Und wenn die Freunde alle bestimmte teure Spielsachen und Klamotten haben und man selbst nicht, ist das als Kind schon hart. Scham ist ein unschönes Gefühl. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. (An dieser Stelle danke ich meinen Eltern für alles was sie für mich und meine Geschwister getan haben. Sie haben sich buckkelig gearbeitet und für sich selbst nie Geld ausgegeben. Dennoch konnten sie uns einfach nicht alles ermöglichen, was uns vor solchen Momenten bewahrt hätte.) Also muss mehr Geld ran als früher.
Und wenn man nur wenige Stunden arbeiten möchte, muss es auch der Arbeitgeber mitmachen. 15 Stunden ist eigentlich das gesetzliche Minimum – da sind 20 Stunden sportlich mit Fahrtstrecken. Wir haben unsere Tochter nur mit 20 Stunden beid der Tagesmutter und mehr würde sich für mich auch nicht gut anfühlen. Das muss aber jeder selbst sehen. Eine gute Mutter ist meiner Ansicht nach vor allem eine glückliche Mutter. Wenn eine Mutter Vollzeit zu Hause ist und dabei unglücklich ist das schlechter als eine berufstätig glückliche Mutter. Ja und 50 Stunden für Ü3 finde ich im ersten Moment auch heftig. Aber ich will nicht komplett urteilen. Ich kenne die Geschichte der Eltern nicht. Wahrscheinlich Du als direkte Erzieherin besser, wenn auch nicht komplett.
Alleinerziehende da komplett mal außen vor, aber da glaube ich muss man nicht diskutieren. Die sind in unserer Gesellschaft sowieso hart dran. Meinen größten Respekt an alle Alleinerziehenden!
Aber ich würde auch denken, dass es für den Großteil nicht unbedingt notwendig ist, so viele Stunden zu machen. Auf der anderen Seite wollen Kitaas am liebsten 45 Stunden Plätze anbieten. Das ist nunmal wirtschaftlicher als 25 Stunden. Daher werden auch einige Eltern vor die Entscheidung gestellt entweder 45 Stunden oder gar keine. Das habe ich auch viel gehört. Das dürfte auch nicht sein. Das war früher auch anders.
Und mit der Quality time: sehe ich ähnlich. Aber leider ist auch da: höher schneller weiter in der Gesellschaft angekommen. Da hat Papa Online bzw. in seinem Podcast 2 Stunden Papa einen ganz tollen Bericht über Ideen für quality Time gemacht. https://www.papa-online.com/10-kleinigkeiten/ Kann ich sehr empfehlen.
Es braucht als Eltern viel Mut und Kreativität sich gegen diesen Trend zu lehnen. Aber ich bin ganz bei Dir.
Ich hoffe, Du meintest mit „weg mit den Ratgebern“ nicht auch diesen Blog 🙂 Die Umstände unserer Kindheit sind leider und gottseidank zugleich nun anders. Wir müssen nun gucken, dass sich unsere Reaktion darauf in die richtige Richtung bewegt. Und da sehe ich es wie Du. Ich bin auch für unsere natürliche Intuition. Und Zeit ist für mich auch das höchste Gut.
Ich hoffe, ich konnte damit mein Bauchgefühl in Worte fassen.