Eingewöhnung bei der Tagesmutter – Erfahrung einer Mama Teil 1: Gefühlswelt
Wie ich mich als Mama dabei fühle.
Meine Gefühle spielen Achterbahn. Meine Kleine ist in der Eingewöhnung bei der Tagesmutter. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl Engelchen und Teufelchen auf meiner Schulter sitzen zu haben, die ständig in mein Ohr flüstern. Nur kann ich nicht erkennen, welche Stimme Engelchen und welche Teufelchen ist. Eigentlich sind es viel mehr mein Herz und mein Verstand, die beide versuchen mein Tun zu beeinflussen. Am Ende gewinnt egal was ich mache das schlechte Gewissen. Aber daran habe ich mich schon gewöhnt. Das schlechte Gewissen gebärt man glaube ich direkt mit der Nachgeburt :-). Aber nun von vorn.

Meine Kleine ist sieben Monate alt und soll zur Tagesmutter.
Von Anfang an war klar, dass unsere Tochter frühzeitig in die Betreuung gehen soll. Lange bevor sie überhaupt in meinem Bauch war. Mein Mann ist selbstständig. Er arbeitet viel und hart. Ich arbeite Vollzeit im Büro und arbeite „nebenbei“ abends und am Wochenende mit. So ist das im Familienbetrieb. Und selbstständig bedeutet ja wortwörtlich „selbst“ und „ständig“. So ist es bei uns. Was wir machen – wir sind Videografen – macht uns Spass. Die Arbeit ist allerdings nicht unerheblich. Quasi rund um die Uhr – immerhin macht Social Media auch keine Pause. Und das Geld…ja das liebe Geld…hm… Lass es uns so sagen: Selbstständigkeit brigt immer ein größeres Risiko vor allem als eine feste Anstellung bei einem stabilen Arbeitgeber wie bei mir. Und zudem unterliegen Hochzeiten (das sind unsere meisten „Aufträge“) einer starken Saisonalität. Für uns war daher klar, dass die Selbstständigkeit keine stabile und ausreichende Säule ist, um den kompletten Unterhalt unserer Familie zu tragen. Also war klar, dass ich bald wieder arbeiten gehen muss.
ElterngeldPlus schenkt mir (nur) 22 Monate mit meiner Tochter.
Dank ElterngeldPlus und verständnisvollen Vorgesetzen habe ich eine Teilzeitregelung gefunden, die mir 22 Monate mit meiner Mona schenkt ohne wieder Vollzeit arbeiten zu müssen. Gefühlt nur 22 Monate auch wenn ich weiß, dass viele wieder nach 12 Monaten anfangen. Zugegeben die meisten in Teilzeit, wenn das Gehalt des Mannes es zulässt. Das wäre bei uns aktuell nicht der Fall. Ich will mich aber nicht beschweren und bin sehr dankbar für meine Situation. Aber leider sind 22 Monate auch irgendwann vorbei. Ich habe ElterngeldPlus verstanden. Wie ich höre als eine der wenigen und ich finde es großartig. Ich werde mal einen seperaten Beitrag dazu schreiben, um mein Wissen mit Euch zu teilen. Aber es bedeutete auch, dass ich nach 6 Monaten schon wieder ins Büro arbeiten gehen musste. Erstmal nur für einen Tag die Woche. Aber immerhin. Der selbstständige Familienbetrieb lief von Anfang an mit. Nur reduziert. Vieles wurde aufgeschoben bis meine Kleine in die Betreuung kommen sollte. Dann sollte ja alles besser werden… So war unser Gedanke. Vorher.
Wann ist der Ideale Zeitpunkt für die Eingewöhnung bei einer Tagesmutter?

Eigentlich hätten wir mit sechs Monaten starten müssen, aber da unsere Tagesmutter im August im Urlaub war, sollte es erst im September losgehen. Also haben wir mit einer sehr sanften Entwöhnung von der Mama gestartet, indem der Donnerstag zum Papa-Tochter Tag wurde. Die liegen gebliebene Arbeit musste Flo, also mein Mann, dann nachholen. Das klappte sehr gut. Daher startete die Eingewöhnung mit sieben Monaten. Fremdeln beginnt meistens mit acht Monaten. Es erschien uns als idealer Zeitpunkt für die Eingewöhnung, wenn wir vor der Fremdelphase starten. Und unsere Rechnung ging diesbezüglich auch auf. Unsere Kleine hatte noch keine Anzeichen vom Fremdeln gezeigt und so hat sie direkt die Tagesmutter fröhlich angestrahlt und mit ihr gespielt. Eine frühere Eingewöhnung hätte ich ungern gemacht, da sie aus meiner Sicht noch nicht so weit war. Es wäre ihr zu viel gewesen. Immerhin konnte ich die ersten drei Monate nicht mit ihr in den Supermarkt, ohne dass sie wegen der vielen Reize geweint hat.
Und vor allem, weil ich sie sechs Monate voll stillen wollte. Das meine ich nicht dogmatisch. An einzelnen Tagen oder Abenden hat sie auch mal ein Fläschen bekommen, aber eben nicht regelmäßig. Aber es wird mit Sicherheit nicht leichtfertig von Hebammen und der WHO empfohlen, die ersten sechs Monate voll zu stillen und bis zu zwei Jahre noch hinzu zu stillen. Das macht manche Dinge leichter und andere wieder komplizierter. So muss ich nachts nicht aus dem Bett steigen, um ein Fläschen vorzubereiten. Dafür muss mein Mann aber an meinem Bürotag zu mir auf die Arbeit fahren, um mir meine Kleine zum Stillen vorbei zu bringen. Nicht wegen ihr, da sie ja auch das Fläschen trinken könnte. Eher für mich, damit meine Milchproduktion weiterhin flüssig läuft und ich gleichzeitig nicht „platze“.
Also lieber jetzt mit sieben Monaten als mit 13 Monaten die volle Bandbreite des Fremdelns abzubekommen. So ist jedenfalls unser Gedanke gewesen und dieser schien bislang auch so aufzugehen.
Weitere Bezugspersonen fördern die Bindungsfähigkeit.
Ja und dann war noch die große Sorge, ob man irgendwas hinsichtlich der Bindung falsch macht, wenn man sein Kind vormittags „abgibt“. Jetzt habe ich seit Monaten 24 Stunden an 7 Tagen die Woche meine Kleine um mich gehabt. Habe sie gestillt, viel getragen, getröstet, gesungen und viel gespielt. Die Warnung, Schreien zu lassen würde das Urvertrauen des Kindes zerstören, ließ mich stets wie Usain Bolt zu meinem Kind sprinten, wenn es geweint hat. Würde dann das „Abgeben“ die Bindung zwischem meinem Kind und mir beschädigen? Generell dem Kind schaden? Beim Studieren des Internets kam dabei ein klaren „Jein“ raus. Es kommt dabei auf die Qualität der anderen Betreuung an. Ist diese schlecht, dann ist es schlecht fürs Kind. Ist sie gut, dann ist es sogar sehr gut fürs Kind. Ich hätte mir eine schwarz-weiß Antwort lieber gewünscht.
Immerhin ist die Tagesmutter schon sehr erfahren darin, hat nicht allzu viele Kinder um sich herum und ist einfach super lieb. Jedenfalls ist das mein erster Eindruck von ihr gewesen. Zugegeben kenne ich sie ja nicht lang. Daher fühlt es sich auch anders an, als wenn ich meine Kleine von einer der Omas betreuen lassen würde. Dennoch stimmte mich der Gedanke positiv, dass eine frühe Förderung von weiteren Bezugspersonen die Bindungsfähigkeit des Kindes fördern soll. Also tue mich dem Kind ja nur was Gutes… Naja so weit geht mein Bauchgefühl zwar nicht, aber wenigstens glaube ich nun daran, dass ich meinem Kind dadurch nicht schade. Und die Tagesmutter wurde mir auch schon von anderen empfohlen, also vertraue ich hier mal wieder meinem Mutterinstinkt, dass die Tagesmutter mich zwar nicht im Sprint schlagen würde, aber dennoch meine Kleine zeitnah tröstet und ihr Dinge beibringt, die ich selbst noch nicht kenne.
Wieso es sein muss und was mein Herz dazu sagt.

An den bisherigen etwa 1.000 Wörtern (ich bin selbst über die Menge erschrocken) seht ihr bereits, dass ich mich lang und breit erkläre. Ich versuche mich zu rechtfertigen, wieso ich meine Kleine „abgebe“. Wieso ich das Wertvollste und Liebste in meinem Leben schon soooooo früh in die Betreuung gebe. Ich rechtfertige es vor Euch aber vor allem immer wieder mir selbst. Das ist der innere Monolog, den ich stets in meinem Kopf habe. Das ist die eine Stimme auf meiner Schulter, die mir zuflüstert: „Es muss so sein und es ist gut so.“
Und nun mein Herz: „Es tut so weh.“ Als ich Ihre Tasche für die Tagesmutter gepackt habe, hat es sich so angefühlt, als ob sie auszieht. Wenn sie bei ihr ist, gucke ich immer wieder auf mein Handy um zu kontrollieren, ob sie nicht doch eine Nachricht geschickt hat. Am liebsten mit Foto. Und es ist anscheinend total natürlich, dass Kinder beim Abholen weinen. Dieses Weinen bricht mir aber das Herz. Ich möchte alles am liebsten Abblasen. „Was tue ich meiner Tochter überhaupt an?“.
Die Eingewöhnung fühlt sich für mich als Mutter an, wie ein Teenager mit Liebeskummer.
Dabei bin ich der Teenager, der verlassen wurde.
Meine Kleine vergnügt sich bei einer anderen. Mein Herz weiß, dass ich ihre Mama bin. Nicht von 8 bis 13 Uhr am Montag bis Donnerstag. Sondern 24 Stunden 365 Tage im Jahr. Mein Leben lang. Und nichts kann sie so gut beruhigen, wie mit mir zu kuscheln. Das machen wir dann jeden Mittag.
Eine Sache ist in jedem Fall schon jetzt erkennbar. Die Zeit, in der ich von ihr getrennt bin, bin ich umso produktiver. Denn der Preis für diese kinderlosen Stunden ist für mein Herz momentan noch sehr hoch. „Dieser Schmerz muss sich auch lohnen.“, motiviert mich in jedem Fall zur Höchstleistung.
Wie läuft die Eingewöhnung bei der Tagesmutter ab? Was kann ich tun, um es leichter zu machen?
Wie läuft so eine Eingewöhnung normalerweise ab? Worauf soll man achten und was kann ich tun, damit es dem Kind leichter fällt? Das habe ich mich auch im Vorfeld gefragt und es recherchiert. Die Ergebnisse meiner Recherche und wie wir es dann bei uns gemacht haben, erzähle ich Dir im Teil 2 meines Erfahrungsberichtes.
Die Eingewöhnung ist nicht nur für die Kinder sondern vor allem auch für die Eltern da. Was mir wirklich als Mutter geholfen hat, damit für mich klar zu kommen, möchte ich Euch auch erzählen. Das findet Ihr dann im dritten Teil meines Erfahrungsberichtes.
Und hier ein paar Links, die ich für das Thema hilfreich fand:
Entwicklung der Bindungsbeziehung von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Infos zum Fremdeln von familie.de
Infos zum Fremdeln von rund-ums-baby.de
Hi Gabi,
ich kann das so gut nachempfinden. Ich bin nach 8 Monaten wieder voll arbeiten gegangen. Das Angenehme war, dass Tommy (mein Mann) noch für weitere 5 Monate zu Hause geblieben ist und ich mir sicher war, dass es Josephine gut geht. Seit Ende August geht sie nun in die Kita. Die Eingewöhnung hat ziemlich problemfrei funktioniert. Sie hat etwa nach 2 Wochen in der Kita gegessen und inzwischen schläft sie auch ohne Probleme dort (was zu Hause nie klappt). Ich bräuchte mir also gar keine Gedanken machen. Aber das mach ich eben doch. Ich frage mich ständig, ob sie vielleicht überfordert ist. Ich finde auch schlimm, dass sie mir ja nichts erzählen kann. Ich würde so gerne einen Tag Mäuschen spielen und sie einfach nur beobachten. Beim Abholen ist es bei uns genauso. Sie weint ganz bitterlich, aber beruhigt sich recht schnell. Ich habe diesen Moment bisher erst einmal erlebt, weil Tommy Josephine immer abholt, aber ich fand es ganz schrecklich. Es packt einen direkt das schlechte Gewissen. Als würden die Kinder einem einen Vorwurf machen, daher glaube ich eigentlich eher, dass sie sich so freuen, dass sie die Gefühle nicht anders ausdrücken können.
Auf der Arbeit geht es mir auch genauso wie dir. Am Anfang wollten mich hier alle schonen und einen einfachen Einstieg bieten. Für mich war das die Hölle. Die Zeit, in der ich nicht zu Hause war, musste besonders effektiv sein und ich habe auf einmal alles in Frage gestellt. Ich habe mich nicht mehr gesehen in meiner Arbeit. Zu der Zeit ist mein Blog entstanden. Ich brauchte das Gefühl etwas zu bewirken. Zum Glück finde ich mich inzwischen wieder sehr gut in meiner Arbeit wieder und gehe wieder wirklich gerne hin.
Ende des Monats ist Tommys Elterneit vorbei und dann ändert sich bei uns nochmal einiges. Wir reduzieren beide für 4 Monate auf 30 Stunden. Ich freue mich wahnsinnig darauf. Endlich kann ich Josephine auch mal abholen und den Nachmittag mit ihr verbringen.
Oh, jetzt hab ich fast so viel geschrieben wie du 😀
Fazit: Ich habe keinen Grund zu glauben, dass es Josephine schadet in der Kita zu sein. Sie ist wie immer fröhlich. Und doch habe auch ich mit meinem Gewissen zu kämpfen. ABER: Es wird besser. Jeden Tag etwas.
Liebe Nicola,
Deine Nachricht ist Balsam für die Seele. Es ist schön zu hören, dass ich nicht allein bin mit diesem Gefühlswirrwarr. Nicht weil ich es anderen auch wünsche ?, sondern weil „geteiltes Leid, ist halbes Leid.“ So habe ich nicht das Gefühl, dass ich „falsch“ fühle. Fühl dich gedrückt!